Manchen fällt es schwer, sich selbst zu vergeben, und sie beschäftigen sich unablässig mit ihrer Unzulänglichkeit. Mir gefällt die Geschichte von einem Geistlichen, der eine Frau besuchte, die im Sterben lag. Er wollte ihr Trost zusprechen, doch es war zwecklos.
„Ich bin verloren“, sagte sie. „Ich habe mein Leben und das aller Mitmenschen um mich herum ruiniert. Es gibt keine Hoffnung für mich.“
Der Mann bemerkte ein gerahmtes Foto eines hübschen Mädchens auf der Kommode.
„Wer ist das?“, fragte er. Das Gesicht der Frau hellte sich auf. „Das ist meine Tochter, das einzig Schöne in meinem Leben.“
„Und würden Sie ihr helfen, wenn sie in Not wäre oder einen Fehler begangen hätte? Würden Sie ihr vergeben? Würden Sie sie trotzdem lieben?“
„Natürlich würde ich das!“, rief die Frau. „Ich würde alles für sie tun. Warum fragen Sie so etwas?“
„Weil ich Ihnen sagen möchte“, sagte der Mann, „dass Gott im übertragenen Sinn ein Bild von Ihnen auf der Kommode stehen hat. Er liebt Sie und wird Ihnen helfen. Sprechen Sie mit ihm.“ Der verborgene Keil, der sie daran gehindert hatte, glücklich zu sein, war entfernt worden.
In Gefahr oder Prüfung spendet solche Gewissheit, solche Hoffnung, solches Verstehen der bedrängten Seele und dem trauernden Herzen Trost. Das gesamte Neue Testament haucht ja der menschlichen Seele den Geist der Erweckung ein. Die Schatten der Verzweiflung weichen den Strahlen der Hoffnung; Trauer wandelt sich zu Freude, und das Gefühl, sich im Gedränge des Lebens verirrt zu haben, schwindet mit der sicheren Gewissheit, dass der himmlische Vater auf jeden Einzelnen Acht gibt.
„Gefahr durch verborgene Keile,” Liahona, Juli 2007, 4–9